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Der Weg zur französischen Präsidentschaft

In den Wochen vor den französischen Präsidentschaftswahlen 2022 erklärte das Jacques Delors Centre den Verlauf einer typischen Präsidentschaftswahl aus der Sicht einer hypothetischen Kandidatin – Alice Dupont. Sie können die gesamte Übersicht zur Wahl hier nachlesen.

Der erste Schritt zur Wahl ist die Überprüfung der Wählbarkeitskriterien. Um für das Amt des Präsidenten kandidieren zu können, müssen potenzielle Kandidat:innen die französische Staatsangehörigkeit besitzen, mindestens 18 Jahre alt sein, Wähler:in sein und eine “moralische Würde” aufweisen.

Jetzt muss Alice Finanzmittel auftreiben, um ihre Ideen einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Sie kann dabei auf ihre Partei und private Spenden zurückgreifen. Sie wird auch öffentliche Mittel für ihre Kampagne erhalten. Es gibt mehrere Quellen der Wahlkampffinanzierung. Erstens: Öffentliche Finanzierung: Wahlkampfkosten werden je nach Wahlergebnis erstattet. Wer mehr als 5% der Stimmen bekommt, bekommt deutlich mehr öffentliche Erstattungen (bis zu zehn Mal mehr). Zweitens: Um den Wahlkampf vorzufinanzieren, werden Bankkredite gebraucht. Wer schlechte Umfragewerte hat, wird nur einen kleinen Kredit bekommen, denn die Banken rechnen mit geringen Erstattungen. Darum gilt: keine Zeit verlieren und schnell ins Gespräch kommen!

Jetzt muss Alice zeigen, dass sie keine “kleine Kandidatin” ist, indem sie 500 Unterschriften von gewählten Vertreter:innen in Frankreich sammelt. Mit diesen 500 Unterschriften ist sie nun bereit, offiziell für das Amt des Präsidenten zu kandidieren! Die Kandidat:innen müssen die Unterschriften von 500 gewählten Vertreter:innen aus mindestens 30 verschiedenen départements sammeln. Dieses Verfahren zielt darauf ab, Kandidat:innen mit einer nationalen Reichweite zu begünstigen. Anschließend veröffentlicht der Verfassungsrat die Liste der Kandidat:innen und fordert sie auf, eine Erklärung über ihre Interessen und Tätigkeiten sowie eine Vermögenserklärung abzugeben, die beide veröffentlicht werden.

Alice muss nun Wahlkampf machen – sie muss durch das Land reisen, politische Versammlungen abhalten und an politischen Interviews in Fernsehen und Radio teilnehmen. Kurz vor der Wahl erhalten alle Kandidaten exakt die gleiche Redezeit in Radio und Fernsehen, zu vergleichbaren Sendezeiten: temps de parole. Das gilt für alle Kandidat:innen und Unterstützer:innen der Kandidaten und kann kleineren Kandidat:innen helfen, medial besser wahrgenommen zu werden.

Alice hat sich inzwischen als ernsthafte Präsidentschaftskandidatin etabliert und liegt in den Umfragen gut im Rennen. Daher wird sie eingeladen, neben den anderen Kandidat:innen an mehreren Debatten teilzunehmen. Das ist der ideale Moment, um hervorzustechen. Während der Debatte haben die Kandidaten die Möglichkeit, ihre politischen Vorschläge vorzustellen, ihre Pläne für die Präsidentschaft zu diskutieren und auf Kritik einzugehen.

Alice hat soeben die erste Runde der Präsidentschaftswahlen hinter sich gebracht!   Der nächste Schritt ist die entscheidende Debatte am 20. April, die von Millionen Zuschauer:innen verfolgt wird. Am 24. April wird dann der/die nächste Präsident:in gewählt. Die Zeit zwischen den Wahlgängen ist für die Präsidentschaftskandidat:innen sehr wichtig. Sie müssen ihren Wahlkampf fortsetzen und sich auf die entscheidende TV-Debatte vorbereiten, bei der oft die prägendsten (und schärfsten) Worte der Wahlkampagne fallen.

Die Wahl ist nun vorbei und wir kennen das Ergebnis. Wir sehen uns bei der nächsten Wahl in 5 Jahren wieder!