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09/2023: Europäische Demokratie – 1848 und heute

Im Jahr 1848 lösten die Revolutionen in Europa eine Demokratisierungswelle auf dem gesamten Kontinent aus, die die Bürgerinnen und Bürger in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß in die Politik einbezog. Am 12. September 2023, trafen sich deutsch-französische Expert*innen und Politiker*innen in der Paulskirche, dem Sitz der ersten deutschen Nationalversammlung, um die europäische Dimension von 1848 zu beleuchten und die Bedeutung der Ereignisse für die heutige Demokratie und ihre supranationale Dimension zu diskutieren: Hat sich eine europäische Öffentlichkeit entwickelt? Was bedeutete Nationale Identität damals und im heutigen Europa? Wie schaffen die nationalen Parlamente und das Europäische Parlament ein System der Rechenschaftspflicht gegenüber den Bürgern und der demokratischen Vertretung bei politischen Entscheidungen der EU? Brauchen wir weitere Reformen?

Aus den Diskussionen ergaben sich zwei Schlussfolgerungen, die für künftige Veranstaltungen und die Debatten über 1848 und supranationale Demokratie von Bedeutung sein werden:

Erstens zeigt 1848 die stimulierende Kraft Europas als Denk- und Gestaltungsraum. Europa war damals viel europäischer, als es heute im Rückblich von vielen wahrgenommen wird. Die Spaltung zwischen nationaler Identität und supranationalem Zugehörigkeitsgefühl war kein beherrschendes Thema. Der Nationalismus entfaltete seine volle Kraft erst später. Wenn man sich an 1848 erinnert, sollte die europäische Dimension daher eine wichtige Rolle spielen und nationale Narrative ergänzen. Darüber hinaus können 1848 und der enge europäische Austausch sowie die revolutionären Veränderungen ein Orientierungspunkt für ein historisches Bewusstsein als Europäer sein. Der Kampf um die Demokratie und die Entwicklung der öffentlichen Sphäre(n) ist ein wichtiger Teil der europäischen Geschichte und könnte somit auch ein Bezugspunkt dafür sein, was die ideelle Grundlage der europäischen Integration und der heutigen Union darstellt.

Zweitens haben die Diskussionen die Bedeutung und die Herausforderungen einer gut funktionierenden Demokratie deutlich gemacht. Ohne eine lebendige supranationale Demokratie besteht die Gefahr, dass die Europäische Union (EU) als technokratisch und undemokratisch wahrgenommen wird. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die bestehenden Instrumente voll ausgeschöpft werden, aber auch die Frage nach weiteren Reformen darf nicht vermieden werden. Sowohl die nationalen als auch die europäischen Kanäle der Rechenschaftspflicht und Entscheidungsfindung spielen eine wichtige Rolle bei der Legitimierung politischer Entscheidungen der EU. Die Ansichten über ihr jeweiliges Gewicht und ihre Relevanz variieren und sind oft mit der Frage verbunden, inwieweit eine europäische Öffentlichkeit die nationale ergänzt hat. 175 Jahre nach den Wahlen von 1848 und nur neun Monate vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament ist jedoch klar, dass die Bürger nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht haben, sich zu informieren un ihre direkten Vertreter*innen im Europäischen Parlament zu wählen. Im Idealfall können sie die Europawahlen auch nutzen, um mit ihren nationalen Politiker*innen in einen Austausch über wichtige politische Themen der EU zu treten. Mit der neuen Kommission wird die politische Agenda der EU für die kommenden Jahre gestaltet. Ein Teil dieser Diskussion wird wahrscheinlich auch die Frage der institutionellen Reform in einer Union sein, die voraussichtlich an Mitgliedern zunehmen und sich supranationalen Herausforderungen stellen wird.

Externe Links

Das vollständige Programm finden Sie hier.

Die vollständige Rede von Staatsministerin Anna Lührmann finden Sie hier.